#51: Gläubigerversammlung 21.12, Bafa-Aus, Millionenspiel
+++ UPDATE VOM 21.12 - 15:30 +++
Der Yorkville-Deal wurde angenommen. Alle Details Sonntag.
Schönen 3. Advent! Von wegen stade Zeit. Kurz vor Weihnachten werden die Weichen neu gestellt bei Sono. Und die Community sitzt mit im Stellwerk. Vorab: Wir sind keine Anwälte, und das soll auch keine Beratung sein.
+++ JA ODER NEIN +++
Das wichtigste zuerst: Sono beziehungsweise das Insolvenzgericht hat kurzfristig eine Gläubigerversammlung am 21.12. einberufen, um über einen Insolvenzplan abzustimmen.
Schon jetzt ist aus den Kommentaren abzusehen, dass es innerhalb der Gruppe III (von fünf) – das sind die Reservierer/Community – eine Kampf-Abstimmung geben könnte. Nicht nur einzelne Community-Mitglieder stimmen mit ja oder nein, auch Anwälte für beide Lager gibt es. Wer die Mehrheit haben wird, ist aktuell offen. Es wird wieder Zugangskontrollen mit Security geben wie im Oktober. Worum es genau geht, dazu gleich mehr.
(Quelle: Schreiben von Pluta via Postversand)
Wir wissen, dass die heutige Kolumne mit Spannung gelesen wird – von den Sonos, den Anwälten und vielen anderen – da alle eine Wasserstandsmeldung suchen. Die Nervosität ist spürbar. Es hängt viel vom nächsten Donnerstag ab. Also wenn ihr den Protagonisten was mitteilen wollt, gerne in die Kommentare.
Worum geht es?
Sonos Sachwalter (Dentons) hat, inkl. Anlagen, die Geschehnisse der letzten Monate aufgearbeitet und einen 107-Seitigen Insolvenzplan vorgelegt um aus der Pleite wieder herauszukommen (datiert auf den 7. Dezember – lt. Schreiben vom Gericht vom 8.12 (Anlage 2 im Brief) ging er am 30.11 bei Gericht ein). Auslöser ist der Deal mit Yorkville (wir berichteten), die dafür die nötigen Mittel zur Verfügung stellen – unter anderem genug Geld, dass die Solarsparte 2024 arbeiten kann und eine (sichere) minimale Quote für die Reservierer in Höhe von schmalen 3,86 %. Dazu eine Aussicht auf Besserung und einen Nachschlag – in Summe könnten dann wenn es top läuft bis 2027 bis zu 20 % möglich sein.
Aktuell ist es das einzige Angebot, dass dem Unternehmen frische Mittel anbietet, damit weitergearbeitet werden kann. Wenn es keine weiteren Mittel gibt, werden nach dem Dezember-Termin (erneut) die Leute alle gekündigt und der Laden wird zerschlagen. Sono appelliert via E-Mail an die Treue der Community – mutig, das hört sich inzwischen hier oder da auch anders an.
Sono bittet per Newsletter vom Donnerstag (14.12) um eine Ja-Stimme – entweder vor Ort, oder per Vollmacht an einen Anwalt, der in Vertretung mit “Ja” stimmen wird. Es ist der Anwalt, der auch im Gläubigerausschuss sitzt und sich für die Mandate interessiert. Er wurde empfohlen seitens Sono. Er schreibt:
Allerdings ist eine Vertretung durch mich nur im Sinne einer Zustimmung zu dem Insolvenzplan möglich, da ich nicht die zustimmenden Gläubiger einerseits und die ablehnenden Gläubiger andererseits vertreten kann.
(Quelle: anwalt.de, vom 11.12.2023). Wir haben nachgefragt ob es versteckte Kosten gibt und gestern die Info bekommen: Kosten für die einmalige Vertretung entstehen nicht, da er im Rahmen der Gläubigerausschuss-Tätigkeit sowieso vor Ort ist.
Surprise: Die Sono Solar Initiative hat ab Freitagabend (15.12.2023) Mails verschickt und ein Update – ohne konkrete Inhalte – auf der Homepage veröffentlicht. Aber mit dem Hinweis, dass man dagegen stimmen kann und auch einer Kanzlei-Nennung in der Mail, die das übernehmen könnte (gegen Geld). Die Intention ist laut Homepage, dass man mit einer Zustimmung den Pfad zementiert und sich weitere Optionen verbaut. Das Risiko ist natürlich: wird der Deal durch eine Mandatierung mit “Nein” abgelehnt, kommt die Zerschlagung und die verbliebene Quote bleibt ebenso unklar.
Vollmachten haben ein Problem: Sie zwingen Anwälte zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten, egal was vor Ort verhandelt wird.
Auf Facebook und unter dem Blog auf https://sono.community gab es durchaus berechtigte (wie wir finden) Kritik am Angebot von Sono. Sono hat sehr, sehr kurzfristig informiert (Wenn am 7. der Plan hinterlegt wurde, der Gerichtstermin schon am 8.12 fixiert wurde und der Insolvenzplan den Gläubigern erst später im Netz bei Pluta zur Verfügung gestellt wurde – mit Pausen der Seite wegen dringender Wartungsarbeiten – ist das schon sehr wenig gläubigerfreundlich). Man will schließlich was von uns – nämlich alles was nicht Quote heißt – und erinnert sich in der Mail dann wieder, dass wir die Community sind, die Sono lieb haben soll.
Per Post kam der Insolvenzstapelplan (zumindest bei Asti) erst am Freitag, 15.12. an. Ein 0,5 cm Papierstapel, datiert auf den 11.12. Rechnet man das hoch auf alle Gläubiger, reden wir von einem 100 Meter hohen Papierstapel, halb so hoch wie der Olympiaturm in München.
Für die Reservierer in Österreich, Schweiz und Benelux dauert es wahrscheinlich noch länger und die Frist dürfte schwer haltbar sein – zumal die Post zu Weihnachten viel zu tun hat.
Hier kann man die Unterlagen bekommen als Gläubiger: https://insoweb.pluta.net/cgi-bin/insoweb.app?vtok=3F6ABDB6150944899137841152481EB5&form=forderungauswahl&zurueckid=1513+IN+1350-23/Amtsgericht+M_C3_BCnchen
Abgesehen von dem ganzen Prozedere ist natürlich die Kernfrage: Ja oder Nein. Wir haben uns die Kommentare mal angesehen und zusammengefasst.
Für eine Ja-Stimme spricht:
Yorkville will nochmal frisches Geld investieren, um eine Fortführung der Solarsparte 2024 zu ermöglichen, und der Plan sieht vor, dass zumindest einige der möglichen Gewinne mit der Community geteilt werden über einen Treuhänder.
Yorkville hatte in Sono investiert, wie auch die Community. Natürlich haben auch ein Yorkville und die anderen Aktionäre Rechte. Der Plan berücksichtigt beides.
Geordnetes Verfahren: Berater und bisheriges Management sind nach dem Deal raus und die Insolvenzverfahren beendet. Das reduziert auch die folgenden Kosten. Führt man eine Zerschlagung durch, wird das meiste aufgefressen.
Die Tür für einen Sion-Verkauf steht weiter offen (auch wenn die Chancen dafür natürlich klein sind) – daran hat Yorkville kein Interesse.
Stimmt man dagegen, droht die Zerschlagung – Quote relativ ungewiss, extra Kosten.
Die beiden Community-Vertreter im Gläubiger-Ausschuss befürworten die Lösung (siehe unten, und hier: https://www.sono.community/2023-12-16-ruckmeldung-glaubigerausschuss )
Für eine Nein-Stimme spricht aus den Kommentaren:
Das Angebot ist nicht wirklich gut. 3,86 % (S. 56) bei einer Fortführung, und 3,77 % bei einer Zerschlagung (S. 58) sind beides Peanuts. Der Plan sieht vor, dass frühestens 2025 etwas ausgezahlt wird, und dann 2027. Und ob das alles bis 2027 erfolgreich sein wird, ist bei weitem nicht sicher. Mit einem Ja stimmt man der ersten Quote zu und der Rest ist Spekulation.
Das Verfahren ist intransparent. Der Plan wurde am 7. erstellt, die Information der Gläubiger erfolgte von Sono erst am Donnerstag. Der Newsletter bietet nur die Option “dafür” zu stimmen. Es wird ein maximaler Zeitdruck aufgebaut, der wenig Raum für die Prüfung bietet. Es gibt durchaus auch eine Kanzlei, die dagegen stimmt in Vertretung.
Hin und Her: Die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter erst beschließt, die Kosten zu reduzieren und alle zu entlassen, nur um sie dann wieder einzustellen, und bei einem Nein dann doch wieder zu entlassen. Die Sachwaltung hat auf Kosten der Masse Risiken übernommen. Das gefällt einigen nicht.
Wir wollten mal ein Solarauto, davon ist nichts übrig. Und nach dem Plan liegt das dann weitere 6 Monate im Regal - ohne einen Ansatz, wie es damit weitergeht.
Der Plan sichert 2024 für Sono Solar ab. Und dann? Das dient nur dazu die Börsenfähigkeit wiederherzustellen.
Das Angebot von Yorkville ist minimal für die Gläubiger, und Sono hat sich in den letzen Monaten nicht besonders um die große Gruppe gekümmert. Ein so geringes Angebot birgt immer das Risiko, dass es durchfällt.
Viele haben gefragt, was man tun sollte. Am Besten ist natürlich, hin zu gehen und vor Ort zu entscheiden. Wenn man einen Anwalt mit der Vertretung beauftragt, ist dieser gebunden und kann sich nicht mehr vor Ort in Verhandlungen anders entscheiden. Der Zug rollt dann. Eine Vertretung kann auch was kosten – jeder muss sich fragen, ob er das mag angesichts der mageren Quoten.
Rechtsmittel (Widerspruch) gegen den Insolvenzplan können nur vorher oder direkt in der Sitzung eingelegt werden. Der Insolvenzplan kann in der Sitzung durch den Vorlegenden noch verändert werden (§ 240 InsO), darüber würde dann unmittelbar abgestimmt (Quelle: Schreiben des Amtsgerichts München vom 8.12.23 (Anlage 2 im Pluta Brief, § 253 Abs. 2 InsO in Verbindung mit § 251 Abs. 3 InsO und §253 Abs. 3 InsO) .
+++ WAS PASSIERT BEI JA +++
Selbst wenn das am Donnerstag durchgeht, ist die Kuh noch nicht vom Eis. Der Abschluss 2022 der N.V. muss vorgelegt werden. Das wird vermutlich positiv gestützt im Falle einer Zustimmung der Gläubigerversammlung am 21.12. in München. Das Vorlegen soll dann am 22.12 passieren (s.u).
Der Börsendeal (von Asti Zockerdeal genannt) ist sicher nicht der schönste Deal, das geben wir zu, aber einer der gewisse Chancen auf “frühere” Quote verspricht und den Aktionären ggf. schmeckt, wobei durch die Neuausgabe von Aktien wenig auch wenig bleiben wird. Irgendwer muss diese ganzen neuen Aktien, an denen Yorkville verdienen will, auch kaufen wollen. Und die Nasdaq und der Wirtschaftsprüfer müssen mit dem Abschluss 2022 mitspielen. Die Insolvenzanmeldung der Muttergesellschaft muss auch noch weg.
Und dann erst beginnt das große Aufräumen, aber zumindest nach einem Plan. Yorkville will das mit eigener Mannschaft übernehmen und dafür auch bei den möglichen Gewinnen das meiste abräumen.
+++ WAS PASSIERT BEI NEIN +++
Stimmt die Mehrheit der Community für nein, aber die anderen Gläubigergruppen dafür, könnte das Gericht eine Gruppe überstimmen - eine Gruppe darf ein “Ausreißer” sein. Oder aber der Plan gilt als durchgefallen, Ein nein muss nicht direkt dazu führen dass der Plan durchfällt, aber kann.
Wenn ihr einen Rat wollt, dann können wir nur den geben, dass ihr abwägen müsst, ggf. die Details des Insolvenzplans lest und Eurem Bauch folgen. Hingehen und vor Ort entscheiden wird wahrscheinlich recht spannend diesmal.
Ansonsten muss jeder für sich entscheiden, wie er oder sie das mit Zustimmung oder Ablehnung und mit Anwalt oder selber hingehen regelt. Vertreten lassen kann man sich jedenfalls nur durch Anwälte.
Wir hätten gerne im Sinne der Community eine Diskussion gehabt im Vorfeld. Vielleicht gibt es ja noch eine Info-Versanstaltung mit der Möglichekeit, Fragen zu stellen.
+++ GLÄUBIGER-AUSSCHUSS +++
Was viele vielleicht nicht wissen – der Insolvenz-Prozess wird von einem Gläubiger-Ausschuss begleitet. Aufgrund der Anzahl der Reservierer und der Höhe der Forderungen hat die Community dort sogar zwei Sitze (einen Anwalt und einen Reservierer).
Von dort hat uns auch eine Mail erreicht mit Hintergrundinformationen, die wir hier gerne veröffentlichen. Einige der Informationen haben wir hier verarbeitet. Danke dafür.
https://www.sono.community/2023-12-16-ruckmeldung-glaubigerausschuss
Und hier gehts nachrichtlich zur Initiative die erwähnt wurde: https://www.sonosolarmobility.de/
+++ NASDAQ +++
Mittwochabend kam die SEC-Meldung, dass Sono Group (die N.V.) und Mutter von Sono Motors GmbH aus der Nasdaq fliegt. In dem 6-K Filing von Sono stand dann auch, dass kein Widerspruch eingelegt wird gegen die Entscheidung.
Wir dachten schon, das war’s für den Plan und alles wird abgesagt. Dann ging doch am Donnerstag die Kommunikation raus, irgendwie scheinen alle tiefenentspannt zu sein. Was ist schon ein Rausschmiss!
https://ecomento.de/2023/12/14/sono-motors-wird-vom-nasdaq-handel-ausgeschlossen/
https://www.ecoreporter.de/artikel/sono-motors-verliert-b%C3%B6rsenzulassung/
https://www.sec.gov/Archives/edgar/data/1840416/000117184323007554/f6k_12132023.htm
+++ HAUPTVERSAMMLUNG N.V. AMSTERDAM +++
In den Erläuterungen zur Tagesordnung der Hauptversammlung, die auch noch am Donnerstagabend kam, findet sich in sonotypischer Formulierung – “das derzeitige Ziel” – der Termin, an dem das F20 Filing für 2022 eingereicht werden soll, einen Tag nach der Gläubigerversammlung!
“The current aim is to complete the filing of the 20-F on December 22, 2023.”
Die Hauptversammlung selbst, bei der auch nachträglich die drei schon bekannten AR Mitglieder gewählt werden, findet am 29.12.2023 statt. Mal sehen, ob da in Amsterdam dann weißer Rauch aufsteigt. Happy New Year.
https://ir.sonomotors.com/node/7626/html
https://ir.sonomotors.com/sec-filings/sec-filing/6-k/0001171843-23-007579
+++ BAFA +++
Kurze Fristen scheinen der neue Trend zu sein. Erst wurde seitens der Politik davon gesprochen, die Bafa-Prämie für E-Autos früher auslaufen zu lassen, und dann wurde daraus auf einmal ein “morgen” (also heute). Wer nicht bis Sonntagabend den Antrag auf E-Auto-Förderung einreicht, geht leer aus.
NextMove hatte in einer Sondersendung schon davor gewarnt, dass es kurzfristig enden könnte, aber der Sonntag kam dann doch schneller als erwartet. Zugleich wurde aber auch bestätigt, dass alle eingereichten Anträge, die aktuell “in Bearbeitung” sind, noch bearbeitet werden.
https://www.n-tv.de/politik/Habeck-stoppt-kurzfristig-Foerderung-von-E-Autos-article24605360.html
+++ FUN FACT +++
Viele erinnern sich sicher an die Fernsehshow “Deal or no Deal”, bei der Kandidaten aus 26 Koffern den mit der Million drin finden mussten. Die Show kam von Endemol aus den Niederlanden und hieß dort Miljoenenjacht, die Millionenjagd.
Ein bisschen so fühlt es sich an, nur ohne Gewinne, nur die Wahl zwischen einem leeren Koffer oder dem Zonk (andere Show, falls den noch wer kennt).
Die geheime Welt der Superreichen - Das Milliardenspiel https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzeit/zdfzeit-die-geheime-welt-der-superreichen-100.html
Wir konnten hier nur einen kleinen Auszug aus dem Insolvenzplan bringen, und das wurde schon sehr lang. Allein über den Treuhand-Vertrag könnte man einige Sonntage berichten. Der Insolvenzplan versucht eine komplette Restrukturierung und Anfänge einer Aufarbeitung. Uns war wichtig zu beleuchten, dass es eine Wahl gibt, und nicht nur eine Option wie im Newsletter beschrieben. Und was die Folgen Eurer Entscheidung sind.
Es gibt gewichtige Fürsprecher für den Plan - unter anderem Sono selbst und unsere Vertreter im Gläubigerausschuss - aber auch kritische Überlegungen in vielen Kommentaren.
Und nun viel Erfolg bei der Entscheidung, falls ihr noch unentschlossen seid. Egal wie es ausgeht, die Welt geht weiter. Das wichtigste ist:
Schöne Woche, bleibt gesund,
der Rest kommt dann schon.
Sebastian und Asti