#46 (DE): BOSCH, Sprint Report, Time Magazine
Schönen Sonntag. Donnerstag sah es noch so aus, als ob die Kolumne recht dünn wird, und dann kam eine Meldung nach der anderen. Nehmt euch lieber die größere Tasse, heute gibt es viele Details.
+++ TIME MAGAZINE +++
Das Time Magazine hat die 200 besten Erfindungen im Jahr 2022 gekürt. Zwei davon kommen aus München, und beide kann man aktuell nur als Prototyp anfassen: Der BMW iX Flow – der die Außenfarbe wechseln kann dank E-Ink-Folierung – und der Sion. Der PR-Effekt einer solchen Auswahl ist natürlich groß. Glückwunsch – und Glück gehabt.
https://time.com/collection/best-inventions-2022/6226989/sono-motors-sion
+++ BOSCH +++
Der Sion wird online verkauft, ohne Händler. Das spart etwa 10 - 15 Prozent Marge. Trotzdem möchte man als Kunde natürlich Service, falls was in der Garantiezeit kaputt geht oder irgendwann später etwas repariert werden muss. Es wurde schon oft spekuliert, welcher Partner es wird, jetzt ist die Katze aus dem Sack: Es sind die BOSCH Service Stützpunkte – also viele freie Werkstätten, die von Bosch versorgt werden.
Zum Start sind es 50 Partner, das Netz wird schrittweise ausgebaut. Gründe dafür sind unter anderem, dass die Werkstätten Hochvolt-Schulungen haben müssen. Das haben noch immer nicht alle. Erkennbar sind die Stützpunkte an einem speziellen “Sono Motors Service Partner” Schild.
Einige waren irritiert, dass für alle anderen Werkstätten das Sion-Handbuch nur “in reduziertem Umfang” zur Verfügung gestellt wird. Das hat zurzeit rechtliche Gründe. Das Versprechen – “Offenlegung des Werkstatthandbuchs” ist bei Sono tief verankert. Manche Infos von Zulieferern darf man nur nicht ohne weiteres frei ins Netz stellen.
+++ SPRINT REPORT +++
Ein neuer Sprint-Report ist da! Lange war Pause mit den PDF-Berichten aus der Entwicklung, nur die Tech-Videos konnten etwas Einblick geben. Natürlich fragt man sich vor dem Öffnen leicht mulmig, warum der gerade jetzt wiederkommt – und was drinsteht. Sieht aber okay aus.
Highlight: Fußgängerschutz-Test durchgeführt. Hatten wir letzte Woche hier, der Test mit der Kugel, die auf die Motorhaube knallt.
Herstellungskosten: Making progress on CapEX within projected timeline, still 15 % to be cut to be on target: auf Deutsch: Einsparungen sind auf Kurs, aber 15 % müssen noch bis zum Ziel eingespart werden. Um das zu verstehen: So ein Auto besteht aus vielen tausend Teilen, und im ersten Schritt muss man schauen, dass man das Puzzle zusammenbekommt. Und dann muss man bis zum Produktionsstart schauen, dass man die Kosten noch etwas runterbekommt. Das geht nicht von heute auf morgen, das geht schrittweise, ein Monat hier was, ein Monat da. Bis man beim Zielpreis angekommen ist. Oder auch nicht. Ein Beispiel wie das geht, findet sich auf Seite 9, da steht: Exploration of new supplier for Head Unit opens new cost down potential. Alternativer Zulieferer für die Headunit bietet Kosteneinsparungspotential.
Allgemeines Update: Increasing risk of delaying nomination of series production line builder due to dependency on external financing: Deutsch: wenn nicht bald die Kohle dafür reinkommt, muss die Vergabe des Auftrags an den Fertigungsstraßenaufbaudienstleister verzögert werden. Die Fertigungsstraßen bauen oft Dienstleister, bei Tesla war das Grohmann Automation, die 2016 von Tesla gekauft wurden und jetzt Tesla Automation heißen. “Vergabe verzögert” bedeutet nicht gleich, dass sich der SOP verschiebt, vielleicht kann der Dienstleister schneller arbeiten. Und “Risiko” davor bedeutet, dass der Fall noch nicht eingetreten ist, aber schön ist es nicht, ein Risiko bleibt.
SVC3-05 production at lower speed than planned. Der SVC3-05 scheint das Montagsauto zu sein, irgendwas ist immer. Leider weiß ich nicht, wer der interne “Kunde” (Engineering-Team von Sono) für den SVC3-05 ist, aber der muss warten.
Highlight: Add joggle on mounting flange: Ich bilde mir ein, gut Englisch zu können, aber hier hatte ich keine Ahnung. Den Satz werde ich definitiv mal irgendwo einbauen. “And here, we added a joggle on the flange”, und dann stolz grinsen. Ich bin sicher, alle sind beeindruckt. Übersetzt heißt es: Riegel am Montageflansch hinzugefügt.
Lowlight: Glue for the roof panels to be defined (in line with production partner). Kleber für die Dachpanels bestimmen in Abstimmung mit Produktionspartner. Man könnte fies sein und sagen “bei uns gehts nicht, beim Partner gehts nicht, aber keiner will den Schwarzen Peter”. Kleber ist immer ein fieses Thema. Ich kenne das nur von den Carbonteilen vom i3, da hieß es am Anfang auch “Nieten ist das neue Kleben”, weil es überhaupt nicht gehalten hat, sogar nach SOP noch.
Interior Highlight: Weight almost on target (+1 kg). Gewicht der Innenausstattung fast im Plan, ein Kilo noch drüber.
Powertrain Highlight: Coastdown tests to measure vehicle rolling resistance in Spain. Die Tests zur Homologation gehen weiter, ein Prototyp befindet sich in Spanien auf der Teststrecke.
Simulation Highlight: Water wading, minimal optimizations needed. “Water Wading” ist die Wassertiefe, die man durchfahren kann, ohne dass das Auto Schaden nimmt. Scheint wohl im Plan zu sein.
AVAS Sound Design: Es stehen verschiedene Sounds zur Auswahl, Community soll entscheiden (einen kenne ich, der war schon ziemlich gut, fand ich, die Ingenieure waren der Meinung, das ginge noch deutlich besser).
Bidi: Lowlight – einige DCUs funktionieren nicht und müssen zurück zum Lieferanten. Highlight – Für die Kommunikation (PLC – zwischen Auto / Wallbox) ist der Lieferant beschlossen.
Homologation: approvals for test & validation vehicles were obtained. Die SVC3 haben die Homologation geschafft, Sondergenehmigung um auf der Straße zu fahren.
https://sonomotors.com/site/assets/files/9035/sono-motors-dev-sprint-review-cw42-22-4.pdf
+++ IAA NACHLESE +++
Es kam die Frage, wie die IAA gelaufen ist. Wir haben uns auf Spurensuche begeben. Vor der Messe hat Sono die Gründe hinzugehen zusammengefasst:
https://sonomotors.com/de/blog/sono-goes-to-iaa-transportation-but-why/
Und nach der Messe gab es eine Zusammenfassung:
https://sonomotors.com/en/blog/7-impressions-from-iaa-transportation/
Parallel zur IAA Transportation in Frankfurt fand auch noch die InnoTrans in Berlin statt. Da Sono sich mit dem Solar Bus Kit an beide Zielgruppen wendet, war man auf beiden Messen. Warum zwei Messen gleichzeitig stattfinden müssen, die sich an ähnliche Zielgruppen richten, kann man nur mit Fehlplanung oder Corona erklären.
Der Messestand von Sono war so geplant, dass möglichst wenig Abfall anfällt. Fast alles, was wir auf der Messe aufgebaut wurde, kann im Office von Sono oder im Showroom weiter verwendet werden.
Solar scheint nicht nur im PKW-Bereich ein Trend zu sein, und daher sind gleich mehrere Partner mit Sono-Solar-Technik vertreten:
KÖGEL (26 Module, 4,68 kW Peak, 11,8 kWh Ertrag pro Tag)
CHEREAU (54 Module, 9,8 kW Peak, 21,2 kWh Ertrag pro Tag)
Mitsubishi (26 Module, 4,68 kW Peak, 11,8 kWh Ertrag pro Tag)
Wingliner (16 Module, 3,43 kW Peak, 8,6 kWh Ertrag pro Tag)
Wenn man nicht aus der Branche kommt, unterschätzt man das Transportgeschäft eigentlich komplett. Bis vorgestern ging mir das ähnlich. Da kam auf einmal eine Anfrage auf meinen Tisch (bei mir, nicht bei Sono), ob wir mithelfen können ein System zu bauen, um die Abgase von LKWs in einem US-Bundesstaat zu erfassen – und was man da an Hardware und Software braucht. Auf die Frage, um wie viele es da geht, meinte der andere recht trocken: 1,4 Millionen LKW. Das ist ein unfassbar großer Markt.
+++ HEAVY METAL +++
Ein großer Teil des Kapitals wird für die Werkzeuge zur Produktion benötigt. Immer mehr Serienfertigungsteile für die Pressen tauchen im Twitter-Feed auf. Angekommen sind unter anderem die Formen für die Motorhaube, die Scheinwerfer und Stoßfänger.
https://twitter.com/LaurinHahn/status/1591432083578458112/photo/3
https://twitter.com/LaurinHahn/status/1590955729514815490
+++ LIGHTYEAR +++
Sono gewinnt beim Time Magazine für Innovation, und Lightyear gewinnt für das Solarauto “Lightyear 0” das Goldene Lenkrad 2022 bei der AutoBild im Bereich “Innovation”. Das Thema kommt.
https://www.autobild.de/artikel/goldenes-lenkrad-2022-die-gewinner-22251345.html
+++ FUN FACT +++
Wer sehen möchte, wie eine Fertigungsstraße aufgebaut wird, kann das bei Lightyear in einem Zeitraffer-Video sehen. Für den “Lightyear 0” wird bei Valmet ein Bereich vorbereitet. So ganz vergleichbar ist das nicht, weil der Lightyear im Manufaktur-Verfahren gebaut wird, mit insgesamt 964 Stück. Das ermöglicht Lightyear zum einen, eine vereinfachte Zulassung zu bekommen, zum anderen bedeutet es natürlich höhere Preise pro Stück, 250.000 € werden aufgerufen pro Fahrzeug.
Schöne Woche, bleibt gesund.
Sebastian, Astrid.
PS: Damit sich keiner wundert - Das Teaserbild mit dem Sono-Werkstattschild auf der Startseite ist frei erfunden, Photoshop. Sono und Bosch machen da sicher was schickes, ich wollte das Thema nur auf dem Titel.