#37: Pluta-Schreiben, IAA 2023, Süditalien
Schönen Sonntag! Die IAA in München geht zu Ende - und die große Erkenntnis ist: Die Party ist vorbei. Weiter unten mehr.
+++ PLUTA +++
Erstmal zu Sono: Viele haben Freitag oder Samstag Papier-Post von Pluta bekommen zur Eintragung in die Insolvenztabelle. Die Checkbox im Online-Portal für die papierlose Kommunikation scheint nicht so richtig funktioniert zu haben.
Im Anschreiben ist eine Gläubiger-Pin, ohne den Brief geht also nichts.
Einige haben ihr Anschreiben auch schon und konnten sich in die Liste eintragen. Im Portal ist bereits die Summe hinterlegt, die Sono einem schuldet. Wenn alles passt, muss man auch keine Nachweise beibringen, es reicht, das zu bestätigen.
Asti und ich haben kurz diskutiert, ob wir hier beschreiben sollten was zu tun ist, wenn man nicht angeschrieben wurde. Wir haben beschlossen, das noch nicht zu tun, weil wir befürchten, sonst ein Chaos loszutreten. Und bei der Insolvenztabelle geht's nicht nach dem Windhundprinzip, also wer sich zuerst Einträge hat, hat gewonnen. Alle sind gleich, solange sie sich innerhalb der Frist eintragen - und die ist der 5. Oktober.
Eintragen ist wichtig, auch wenn es vielleicht unangenehm ist, weil es zusätzlich zur Forderung auch ein Stimmrecht verleiht.
Im Brief steht, dass man sich bei der Eintragung auch schon äußern sollte, ob man am 26.10. nach München kommt. Man muss das ankreuzen mit ja oder nein. Man kann sich auch mit Vollmacht vertreten lassen.
+++ KFW +++
Mal ein paar positive News. Die KfW hat das lang erwartete Förderprogramm Solar aufgelegt: Wer sich eine Solaranlage, bidirektionale Wallbox und mindestens 5 kWh Heimspeicher anschafft, kann bis zu 10.200 € an Förderung erhalten. Am 26. September geht's los, gefördert wird nur, wer alles drei zusammen neu anschafft und bereits ein Elektroauto sein Eigen nennt oder eines bestellt hat.
Warum dann ein Heimspeicher zwingend sein muss, wenn Auto und Haus beide Bidi können? Keine Ahnung. Gespannt sind wir auf die Liste der förderfähigen Bidi-Boxen. Diese liegt aktuell noch nicht vor. Es geht nur für Eigenheimbesitzer, die da auch wohnen.
Unter der Hand gehen wir von AmbiBox und Quasar als sicher, Kostal und E3DC als eventuell aus. Förderfähig werden auch andere Boxen sein, dann gibt es 600 Euro weniger Zuschuss. Das E-Auto selbst nicht bidirektional laden können.
In den Foren tummeln sich schon wieder interessante Angebote von Leuten die defekte E-Autos anbieten, die man dann in den Förderantrag schreiben kann, damit Diesel-Dieter auch die Förderung abgreifen kann ohne E-Auto.
+++ IAA NACHLESE +++
Zur IAA 2023 in München konnte man wieder einen guten Eindruck bekommen, wo die Branche ihre Zukunft sieht. Tesla hat das Model 3 Facelift vorgestellt (“Highland”), BMW die “Neue Klasse”, Mercedes eine neue Plattform die mit dem CLA startet - und die E-Auto-Hersteller aus China (MG, BYD, Nio, Geely) haben klar gemacht, dass sie ab sofort im Segment bis 50.000 € die besten Preis-/Leistungsangebote machen wollen und drängen mit Wucht auf den Markt. Modelle wie der MG4 haben den Boden bereitet, jetzt kommt eine ganze Welle.
Technisch interessant war “Shenxing”: Der neue LFP-Akku von CATL. Der Shenxing kann mit 4C geladen werden, also dem Vierfachen seiner Kapazität. Ein 75 kW-Akku kann also mit 300 kW geladen werden, von 10 auf 80 Prozent geht es in 10 Minuten.
Bisher liegt BYD vorne mit der Blade Batterie, die auch im Sion zum Einsatz kommen sollte. Der neue CATL-Akku Shenxing wird u.a. in Thüringen gebaut und soll unter anderem in der “Neuen Klasse” von BMW zum Einsatz kommen. Der Akku ist extrem zyklenfest - über eine Mio Kilometer, kann schnell laden, brennt nicht, ist günstig und die letzte oder vorletzte Stufe vor dem Feststoff-Akku, der dann praktisch unendlich lange halten sollte. Auch für das bidirektionale Laden ist der Shenxing gut geeignet. Gerüchteweise sollte der Shenxing nur noch die Hälfte kosten von den bisherigen Akkus - und so werden E-Autos dann endlich so günstig wie Verbrenner.
https://www.fr.de/wirtschaft/mit-der-superbatterie-fast-schneller-laden-als-tanken-92474885.html
Wasserstoff spielt gar keine Rolle mehr auf der IAA, und der Trend zu immer größeren Autos scheint auch endlich gebrochen. Die neuen Modelle, von der neuen Klasse bis zum CLA, sind keine Land-Yachten mehr, sondern kompaktere Fahrzeuge.
Alle Hersteller haben verstanden, dass die Zeiten mit absurden Preisen vorbei sind. Preise von 80.000 € und mehr waren nie für die meisten vernünftig , durch die Nullzinsen wurden die Fahrzeuge erreichbar. Die IAA zeigt, dass verstanden wurde, dass die Hochpreis-Party vorbei ist, auch wenn man das nicht zugeben will. Frankreich hat die SUV-Steuer weiter erhöht, und auch die Parktarife sollen sich in großen Städten in Zukunft an der Größe vom Auto und am Gewicht orientieren.
+++ FUN FACT +++
Wir präsentieren Euch Oliver Zipse, CEO BMW, im Spiegel-Interview vom 1. September:
Es wird 2035 in Europa keine flächendeckende Infrastruktur für Elektroautos geben. Glauben sie, dass es in 12 Jahren in jedem Dorf in Süditalien eine Ladestation geben wird?
Ein Satz wie ein Verkehrsunfall.
Das Ganze ist so überheblich, herablassend und bescheuert, auf so vielen Ebenen. Die Frage ist nicht, ob man 2035 in Süditalien laden kann - das geht heute schon - die Frage ist, ob 2035 jemand in Süditalien einen BMW kaufen wird. Auch in Süditalien gibt es Toaster, also genug Strom um E-Autos zu laden.
Natürlich ging es Zipse auch darum, Fördermittel für technologie-offenen Wasserstoff einzusammeln. Die Gesamt-Anzahl an Wasserstoff-Tankstellen in Süditalien ist übrigens 1. Man fragt sich natürlich, wie man als CEO auf so ein schmales Brett kommen kann.
Wenn man sucht, findet man recht schnell eine Folie im BMW Layout der ACEA, der European Automobile Manufacturers Association - von der Herr Zipse zufälligerweise Vorsitzender ist. Die Folie verwendet sogar die BMW Schriftart und zeigt, dass Deutschland 20 % aller Ladepunkte hat, aber nur 10 % der Landfläche von Europa ausmacht. Und man lernt dass Zypern und Malta die wenigsten Ladestationen haben.
Tankstellen und Ladestationen baut man da, wo Bedarf ist, nicht da wo viel Fläche ist. Dazu kommt, dass über 50 % der Ladevorgänge daheim stattfinden. Italien hat übrigens mit 73 % eine viel höhere Wohneigentumsquote als Deutschland, Luigi und Mario brauchen keine Genehmigung vom Eigentümer in Palermo für die Ladestation.
Deutschland, Österreich und auch die Niederlande sind Transitländer. Hier fahren viele durch, daher gibt es überproportional viele Tankstellen und - logischerweise - auch die meisten Ladestationen für unterwegs.
Wir wissen nicht viel, aber eins weiß ich - ich würde mir schon heute zutrauen, jeden Punkt in Süditalien mit dem E-Auto zu erreichen. Sogar nur mit öffentlichen Schnelladestationen, und ohne Vorbereitung. 2013 war das noch ein Abenteuer, 2023 ist es problemlos machbar, und 2033 hoffe ich dass bis dahin die Auto-Nachtzüge durch den Brenner-Basistunnel über Nacht bis Rom fahren.
Schöne Woche, bleibt gesund.
Sebastian und Asti
ACEA Folie:
Spiegel mit Zitat: https://www.spiegel.de/auto/oliver-zipse-bmw-chef-kritisiert-verbrenner-aus-und-aeussert-skepsis-zu-elektroautos-a-63473467-9a08-4789-99be-862a4ef44e6c